
Erfahrungen prägen die Persönlichkeit. Ein gutmeinender Vorgesetzter hatte mich damals mit der Aufgabe betraut, der norditalienischen Chemieindustrie ein neues Produkt vorzustellen. Ein Produkt, welches nicht nur dort keiner kannte. Und so dauerte es fast 6 Monate, bis der erste nennenswerte Auftrag gewonnen war. Nach unzähligen Verkaufsgesprächen mit kaufunwilligen Einkäufern, vielen vergeblichen Anfahrtswegen und abendlichen emotionalen Tiefpunkten, aber auch mit den wichtigen Lehren, begriff ich, dass sich Beharrlichkeit beim Einsatz für ein gutes Produkt auszahlt und temporäre Ablehnung keine Niederlage, sondern Ansporn sein muss.
Das Gewinnen von Mitgliedern ähnelt dem Vertrieb. Wie man im Vertrieb den Kunden vom Produkt überzeugen muss, gilt es hier, Menschen davon zu überzeugen, dass eine Mitgliedschaft, in diesem Falle der Senioren- Union, für die angesprochene Person ein Gewinn ist. Ein Gewinn für die eigene Person, für das persönliche Umfeld oder auch für die Gesellschaft, in der wir alle leben.
Wie ein Unternehmen nicht ohne Vertrieb florieren kann, so benötigt auch die Senioren- Union neue Mitglieder. Mitgliedergewinnung sichert die politische Bedeutung, durch die wir gestalten und unsere Ideen in die Tat umsetzen können. Jetzt schon bilden 54000 Mitglieder in Deutschland und 1100 Mitglieder im Rhein- Sieg Kreis eine bemerkenswerte politische Kraft.
Die Senioren- Union hat eine gesellschaftliche Aufgabe, hat ihre Ziele definiert und mit diesen können wir leicht und überzeugend argumentieren:
- Die Senioren- Union bietet älteren Menschen die Möglichkeit, sich politisch einzubringen und für die Belange unserer Generation einzutreten. Über 60-jährige repräsentieren rund 40% der Wähler in Deutschland mit zunehmender Tendenz.
- Wir wollen eine Gesellschaft nach christlichem Menschenbild, in der ältere Menschen eine aktive Rolle spielen und ein selbständiges, selbstbestimmtes und mitverantwortliches Leben führen.
- Die Kompetenzen, Fähigkeiten und Beiträge älterer Menschen in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik sollen erkannt, gefördert, genutzt und gewürdigt werden.
- Wir bringen uns ein für gute Lebensbedingungen von älteren Menschen und das konstruktive Miteinander der Generationen in einer prosperierenden Gesellschaft
Diese exemplarisch genannten politischen Ziele werden begleitet von vielen sozialen und kulturellen Angeboten bei kleinem Mitgliedsbeitrag. Ein Museumsbesuch, ein gemeinsames Frühstück oder ein identitätsstiftender Interessanter Ausflug, auch mit politischem Hintergrund sind gute Beispiele.
Alles in Allem ein überzeugendes Angebot für jeden Angesprochenen, wäre da nicht die falsche Assoziation, dass Senior zu sein für manche gleichbedeutend mit „alt sein“ ist und deshalb manch einer zögert, sich uns anzuschließen. „Alt sein“ im Sinne der sich langsam einstellenden Defizite, die man gerne nicht wahrnehmen möchte.
Dieses Zögern übersieht aber, was heute „Senior“ wirklich bedeutet, nämlich, dass der ältere Mensch eine einzigartige Kombination aus Berufs- und Lebenserfahrung besitzt, die man zum Wohle aller Generationen in unserer Gesellschaft einsetzen kann.
In anderen Sprachräumen ist das längst anerkannt, denn dort wird das Wort Senior genau in diesem Sinne eingesetzt.
„Senior“ sollte daher auch in Deutschland synonym für Lebensweisheit und große Erfahrung stehen, wofür viele Mitglieder der Seniorenunion ein hervorragendes Beispiel sind.
Jede Gesellschaft, die auf diesen in der Bevölkerung vorhandenen Schatz an Lebenserfahrung nicht zurückgreift, macht einen essentiellen Fehler.
Jüngere mögen nach vorne stürmen, die Älteren können den Tatendrang in die richtige Richtung lenken. Eine Gesellschaft funktioniert nur im Zusammenspiel aller Generationen.
Ist die emotionale Zögerlichkeit wegen des vermeintlich unattraktiven Alters ausgeräumt, hilft uns das dargestellte Spektrum von Zielen, Tätigkeiten und Fähigkeiten argumentativ, uns voller Überzeugung bei gleichgesinnten älteren Mitbürgern für eine Mitgliedschaft in der Senioren- Union einzusetzen.
Natürlich ist es nicht jedem von uns in gleicher Weise gegeben, auf andere Menschen zuzugehen, nicht jeder ist der geborene Mitgliederwerber. Sind Eloquenz und Extrovertiertheit nicht besonders ausgeprägt, gibt es Grundregeln für eine Gesprächsstruktur und hilfreiche Verhaltenshinweise:
Erstens muss vor einem Gespräch klar sein, wo man in der Werbephase steht. Will man die angesprochene Person gewinnen oder erst einmal nur interessieren? Mit der Tür ins Haus zu fallen ist in der Regel nicht erfolgreich, denn „gut Ding will Weile haben“.
Zweitens müssen die Gesprächspartner oder die Gesprächspartnerinnen im Gespräch erkennen, warum gerade sie der Senioren-Union mit ihrem beruflichen oder persönlichen Hintergrund einen Mehrwert bringen. Worauf ist der Gesprächspartner stolz? Was kann er besonders gut? Die Nachricht an den Angesprochenen heißt: Wir brauchen genau Sie! Der Psychologe nennt das eine Ich- Botschaft.
Danach dann müssen wir den Gesprächspartnern drittens nahebringen, welchen persönlichen immateriellen Gewinn sie aus den politischen, sozialen und kulturellen Angeboten der Senioren-Union ziehen können. Neue gesellschaftliche Kontakte, Erweiterung des eigenen Wissens und die Möglichkeit, eigene Positionen in die Politik einzubringen, können Beispiele sein.
Und letztendlich müssen die Angesprochenen spüren, dass sie durch ihre Mitgliedschaft ein weiterer Baustein in einer starken Gemeinschaft werden, die durch ihr Mitwirken noch mehr an Kraft gewinnt und damit die Position der Älteren in unserer Gesellschaft stärkt.
Diese schematischen Vorgehenspunkte werden die 4W der Akquise genannt: Was will ich im Gespräch erreichen? Weshalb will ich die Person gewinnen? Welchen Gewinn hat die angesprochen Person? Welchen Nutzen hat die Organisation als Ganzes?
Natürlich sind die genannten Gesprächsinhalte exemplarisch und sollten auf die Angesprochenen zugeschnitten werden.
Es ist dabei wichtig, den zu gewinnenden Gesprächspartnern die Gelegenheit zu geben, auch ihre Position zu erläutern. Von entscheidender Bedeutung ist es, in der Antwort verbal zum Beispiel durch teilweise Wiederholung ihrer Worte Zuwendung und Wertschätzung zu zeigen und damit zu bestätigen, dass man verstanden hat, was der Gesprächspartner vorbrachte. Selbst wenn eine Person Sachverhalte bemängelt, bekommt sie ja in der Senioren-Union die Gelegenheit, den bemängelten Zustand durch ihr persönliches Engagement zu verbessern.
Eine Ablehnung wird vorkommen, sollte aber nicht enttäuschen. Es gelingt niemandem, jeden für das Gute zu begeistern. Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied und wer ablehnt, verpasst eine Gelegenheit, sein Leben zu bereichern.
Viele Angesprochene werden nicht sofort überzeugt sein, aber auch nicht ablehnen. Dann gilt es, ihnen beharrlich und ehrlich die Vorteile einer Mitgliedschaft näher zu bringen. Aber nicht penetrant drängen, nicht überreden. Geben wir diesen Personen Zeit und bringen wir uns freundlich in Erinnerung. Die Argumente sind auf unserer Seite.
Dabei ist es beispielsweise hilfreich, ihn oder sie als Gast und Freund der Seniorenunion persönlich zu Veranstaltungen der Senioren- Union einzuladen. Geburtstagsgrüße, Festtagsgrüße oder ein freundliches, unverbindliches Gespräch bei einer gemeinsam besuchten Veranstaltung wirken Wunder.
Vielleicht teilt man ja schon eine Vereinsmitgliedschaft, eine Theatergemeinschaft oder die Kirchengemeinde. Dies bildet eine gute Basis, bei der man sich unaufdringlich lobend über die wichtigen und schönen Seiten der Senioren- Union äußern kann.
Ist es nun wirklich eine „Kunst“ neue Mitglieder zu werben? Die klare Antwort ist: Nein. Denn Zugewandtheit, Freundlichkeit und strukturierte Ansprache, vorgetragen mit dem Selbstbewusstsein einer starken Organisation, sind für jeden möglich.
Wie immer, so gilt auch hier: Aller Anfang ist schwer, aber: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.
Dr. Dieter Braun
Vorsitzender Senioren-Union Wachtberg
Mitglied des Kreisvorstands
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