Ach Gott - Bonn!

05.04.2016

„Enttäuschung und kleine Lichtblicke" – das war das Urteil von Siegburger Kreispolitikern angesichts des Entwurfs des Bundesverkehrswegeplans, den Verkehrsminister Dobrindt Ende März öffentlich gemacht hat. „Enttäuschung"? - ein schwaches Echo angesichts der Katastrophe, die der Planentwurf für die verkehrspolitischen Forderungen und Pläne der Region Bonn/Rhein-Sieg darstellt! Das Fazit muss doch lauten: Für den staugeplagten Verkehr im Raum der „Bundesstadt" Bonn und Umfeld wird es in absehbarer Zeit keine Verbesserungen durch Verkehrswegebau geben – „kein vordringlicher Bedarf"!

Weder für eine neue Rheinbrücke bei Niederkassel im Norden noch für den Ausbau der Südtangente stellt der Bundesplan Mittel bereit. Wer das natürliche Verkehrshindernis Rhein überqueren muss, wird sich wie bisher täglich über die von den Bonnern liebevoll „Tatzelwurm" genannte Autobahn - Fehlkonstruktion A 365 (alle 300 m eine Aus - oder Einfahrt!) hin oder her quälen müssen. Alle Bonn - Fahrer aus der Region, insbesondere die Beschäftigten im „Parlamentsviertel", bei der Telekom und der Deutschen Post AG dürfen jubeln: Die gewohnten Staus bleiben erhalte, der Verkehrskollaps beim kleinsten Anlass kostet weiterhin Zehntausenden Zeit, Nerven und viel Geld.

Erklärung für das Berliner „Verschieben auf die lange Bank"? Rasch stößt man auf die Begründung, Berlin habe den nötigen „Konsens vor Ort" für die geforderten Maßnahmen vermisst, genauer gesagt, dass wohl der Rhein-Sieg-Kreis, nicht aber die Politiker der Stadt Bonn einig hinter den geforderten Verkehrsprojekten stehen, was umgehend bestraft wurde.

Für die Bonner Projektplaner ist das Scheitern großer Projekte nicht gerade ungewöhnlich. Beispiele: Konzerthalle, WCCB, Bonner Loch (ein Loch mit Ewigkeitsbestand!). Verkehrsprojekte: Die miese Anbindung Bonns an den Flughafen Köln/Bonn, die eher behelfsmäßige Anbindung Bonns an den ICE - „Fernbahnhof Siegburg - Bonn", die fehlende Anbindung des „Parlamentsviertels" an die A 365 per Venusbergtunnel, der fehlende „Ennerttunnel" zur Anbindung Südbrücke - A 3 usw. Sind das nicht Hinweise auf ein gewisses Desinteresse der Bonner Stadtpolitiker an der Lösung überörtlicher Verkehrsprobleme und damit auf ein Desinteresse an der Situation der ein - und auspendelnden Arbeitskräfte, der Reisenden sowie an die dringenden Appellen der Industrie - und Handelskammer? Hauptziele der Lokalpolitiker scheinen die Gemütlichkeit der Stadtbürger und die Unberührtheit der Rheinfluss - und Siebengebirgslandschaft zu sein.

Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel? Warten Sie mal am Bonner Busbahnhof inmitten des Gezänks alkoholisierter Mitbürger auf den Flughafenbus oder versuchen Sie, tapfer ihren Ekel beim Benutzen der Bahnhofstoilette zu überwinden! Ach Gott, Bonn!

Hans-Peter Müller
(Stv. Vorsitzender Senioren-Union Rhein-Sieg)