Corona - Lehrerbashing oder Chance für mehr Wertschätzung?

Ein Beitrag von Annette Eichendorf, stellvertretende Vorsitzende der Senioren Union des Rhein Sieg Kreises

Ja, es gibt Lehrer, die sich in der Corona Zeit einen schlanken Fuß machen. So, wie es sicher auch in anderen Berufen und Lebenssituationen Trittbrettfahrer und sich wenig verantwortungsbewusst verhaltende Menschen gibt. Aber bitte, und hier mit Blick auf die Lehrer, ist es nicht fairer und der Realität angemessener mehr Wertschätzung für die vielen vielen zu zeigen, die sich mit Liebe zu ihren Schülern in die Arbeit reinhängen und alles tun, was irgendwie möglich ist? Die einfallsreich Fernunterricht per Computer durchziehen. Die regelmäßigen Telefonkontakt zu Ihren Schützlingen halten. Die Adressen der Schüler aufsuchen, zu Fuß oder mit dem Auto, um ihnen Aufgaben und Arbeitspläne zukommen zu lassen, so dass auch Kinder ohne Internet-Anschluss Chancen haben. Die Kosten zahlen die Lehrer aus ihrem Portemonnaie.
Die Eltern beklagen sich über Lehrer, die in diesen Zeiten keinen guten Unterricht machen. Wie motivierend ist es für einen Lehrer, wenn er immer wieder hört und liest, dass die Schulen versagen und Lehrer nichts leisten, wenn er selbst mit Elan und Zeitaufwand versucht die Kinder zu unterrichten. Das ist genauso motivierend wie die jahrzehntelange Beschimpfung von Lehrern als faule Säcke (das war mal ein Bundekanzler!) und mit morgens recht und nachmittags frei  und überhaupt endlose Ferien.
Rahmenbedingungen
NRW hat 2006  „selbständige Schule“ eingeführt, eigentlich eine gute Idee mit der die Eigenverantwortung gestärkt werden sollte. Aber den Schulleitern wurde alles aufgebürdet und man hat vergessen, dass sie Fächer und Pädagogik studiert haben und nicht Verwaltung und Rechnungswesen. Und nun mangelt es an Schulleitungen, weil kaum einer die Bürde schultern will. Seit März 2006 gibt es mit STELLA eine Stellenbörse für Schulleitungsstellen im Internet, die regelmäßig zwischen 300 und 400 offene Beförderungsstellen aufweist! Viele Schulen werden kommissarisch geleitet und nur das Notwendigste wird gemacht.
Und was sind die Rahmenbedingungen? Die Schulen sind schlecht ausgestattet. Viele Schulen haben nur ein paar Computer, die große Firmen abgestoßen haben - ist billiger! Die Lehrer müssen sich ihren Computer selber kaufen, anders als in Betrieben wird ihnen hier vom Arbeitgeber nichts zur Verfügung gestellt. Und wenn sie ihren privaten PC nutzen, bewegen sie sich in einer rechtlichen Grauzone, denn eigentlich dürfen sie ihren privaten PC für Schulzwecke nicht nutzen
Schule ist mehr als Wissensvermittlung?
Bei allem Lehrerbashing wird übersehen, was Lehrer neben dem Vermitteln von Stoff noch leisten. Sie fangen auf, was zuhause zu oft nicht mehr geleistet wird. Häufig sind Eltern nicht fähig oder nicht willens ihre Kinder zu erziehen und überlassen das den Schulen. Die Defizite, die zu Hause entstehen, auch die emotionale Verwahrlosung in allen Schichten unter der viele Kinder leiden, können nicht in der Schule wett gemacht werden! Wo ist die Verantwortung der Eltern, wenn in einem Schuljahr 54.000 Schüler keinen Hauptschulabschluss erhalten, auch weil sich Eltern nicht um die Schulpflicht scheren?
Chance für Umdenken
Gott sei Dank bessert sich es. Es scheint, zumindest in den Medienberichten, dass viele Eltern in der Corona-Krise erleben, dass sie selber selbst mit einem oder zwei Kindern zu hause überfordert sind, wenn die Kinder etwas lernen sollen. Das soziale Ansehen eines Lehrers war tief unten. Im PISA Vorzeige Land Finnland hat der Lehrer ein hohes gesellschaftliches Ansehen, die Besten werden Lehrer.