Ethische Aspekte der Schweinemast aus christlich-demokratischer Sicht

Ehrfurcht vor dem Leben? Ethische und politische Aspekte der Schweinemast aus christlich-demokratischer Sicht

In der Schweinemast läuft unter ethischen Aspekten einiges schief. Gerade für eine Partei, die den Begriff "christlich" im Namen trägt, sind die gegenwärtigen Produktionsmethoden nicht akzeptabel. Wir verraten unser christliches Bild des Lebens, wenn wir nicht mehr Druck machen.
Es ist wichtig, sich die Dimension dieses Problems zu vergegenwärtigen. Und es ist wichtig, wenigstens einige Grundprozesse bei der Schweinemast und -zucht zu kennen.
Deutschland ist der weltweit viertgrößte Schweinemäster, 2017 waren es 27,6 Millionen Tiere; mit hohem Energieaufwand und Futterimporten aus Übersee werden in der  Massentierhaltung gewaltige Überschüsse erzielt, um sie auf dem Weltmarkt anzubieten. In Schlachtbetrieb Tönnies werden jeden Tag 25.000 Schweine geschlachtet - ein Schwein alle drei Sekunden, rund um die Uhr.
Wir alle sehen die schaurigen, schwer zu ertragenden Bilder in den Medien aus Mastanstalten. Jeder, der sich sich die Bilder ansieht, spürt instinktiv, dass das nicht richtig sein kann.
Die vorrangige Sicht des Schweins als Sache und Produkt ist das Grundproblem. Diese Sicht lenkt die Aufmerksamkeit auf kostengünstige Produktion, welche wiederum als Voraussetzung dafür gesehen wird, Fleisch zu billigsten Preisen anzubieten und auf den Weltmärkten erfolgreich zu sein.
Die meisten Schweine in Deutschland (70%) werden in Ställen mit über 1.000 Tieren gemästet. Es gibt sogar Maststätten mit 80.000 Tieren in Ställen, die 10 Stockwerke hoch sind. Das bedeutet gut steuerbare Abläufe für hohe Stückzahlen, wo immer möglich computergestützte Fütterung. Um das Ausmisten zu vereinfachen, fällt der Mist der Tiere durch die  Spaltböden und die Tiere atmen die Ammoniak-Ausdünstungen ihres eigenen Mistes ein. Krankheiten sind die Folge. Köche erkennen am Geruch, ob ein Schwein ordentlich artgerecht gehalten wurde oder aus solchen Massen-Produktionsstätten stammt.
Ein Schwein muss nach gesetzlichem Mindeststandard  mindestens 0,75m2 Platz haben. In der höchsten Stufe des Tierwohllabels 1,5 m davon 0,5 m Auslauf. Für ein „Bioschwein“ bis 110 Kilo sind 1,3 Quadratmeter Stallfläche und ein Quadratmeter Auslauf vorgeschrieben, über 110 Kilo müssen mindestens 1,5 Quadratmeter Stallfläche und 1,2 Quadratmeter Auslauf pro Schwein zur Verfügung stehen. Nach ca. 6 Monaten hat das Tier die Schlachtreife von 110 bis 120 Kilo erreicht; die ganze Zeit muss sich das 2-Zentner-Koloss mit diesem Platzangebot - etwa die Größe eines Esstischs - begnügen. 
Und wie werden die Ferkel „produziert“?
In Kastenständen (60cm x 200cm) werden die Zuchtsauen zum Zeitpunkt der Besamung gezwängt und verbleiben dort dann für rund einen Monat. Während dieser Zeit können sich die Sauen nicht umdrehen und auch nicht in Seitenlage ausgestreckt hinlegen. Man stelle sich vor, einen Hund oder Katze solange in einer Transportbox zu halten, die viel zu klein ist und das Tier sich nicht einmal drehen kann. Kein ordentlicher Hundezüchter bekäme nicht nur keine Erlaubnis so seine Tiere zu halten, er würde wegen Tierquälerei angezeigt. Warum machen wir den Unterschied zwischen Haustieren und Nutztieren? Haustiere, denen wir alles möglich Gute angedeihen lassen und Nutztiere werden schändlich unter Missachtung der Schöpfung wie Sachen behandelt.  Zuchtsauen verbringen einen großen Teil ihrer Lebenszeit in diesen engen Metall-Käfigen.
Die Bundesregierung hat neue Regeln für die Haltung von Schweinen in Kastenständen aufgestellt. Sie sollen etwas größer werden und die Zeit in den Gattern aus Stahlstangen soll deutlich sinken: von vier auf eine Woche im Deckzentrum und von 35 Tagen auf höchstens fünf Tage im Abferkelbereich. Aber warum mit einer Übergansfrist von acht (!) Jahren? Insgesamt ist eine Verbesserung bis 2040 (!) angekündigt (!)
Es muss einfach klar sein, dass die Produktionsbedingungen in der Schweinemast dringend geändert werden müssen. Das Schwein ist ein hochentwickeltes Säugetier und fühlt Schmerzen wie wir. Würde es jammern, merkten wir, was den Tieren angetan wird. Es ist absurd, anzunehmen, dass die Tiere nicht leiden, nicht von den Bedingungen terrorisiert sind und nicht den Horror der Tiertransporte und Schlachthöfe in irgendeiner Weise begreifen.
Natürlich ist es befremdend, wenn Konsumenten nicht zögern 500 oder 1000 Euro für einen Grill ausgeben dann aber für ein Schnitzel oder Bratwürste lächerliche Preise erwarten. Aber es ist nicht ausreichend, zu erwarten, dass Konsumenten durch steigende Bereitschaft für Qualität und Tierwohl höhere Preise bezahlen. Das kann und wird passieren, wie auch im ein oder anderen Bereich schon geschehen, aber es wird nicht viel bewirken.
Wir müssen die Produktionsbedingungen gesetzlich ändern. Nur dann werden wir eine artgerechte Haltung Schritt-für-Schritt erreichen, von Gülle verseuchte Böden vermeiden,  Entstehung von Antibiotika-Resistenzen und Abholzung des Regenwaldes auch für Schweinefutter stoppen. Und nur dann werden wir auch erreichen, dass nicht Arbeiter aus Südosteuropa unter unsäglichen Arbeits-und Wohnbedingungen Schwerstarbeit leisten.
Müssen nicht gerade wir als eine Vereinigung einer sich christlich nennenden Partei, die zur Wahrung der Schöpfung verpflichtet ist, hier das Wort ergreifen?
"Jede Verlängerung der Kastenstandhaltung verstößt gegen das Grundgesetz", erklärte die Organisation Foodwatch. In anderen europäischen Ländern ist diese Kasten-Haltung längst verboten oder auf wenige Tage oder Aktionen (z.B. Untersuchung vom Tierarzt) beschränkt. Im Entwurf des Grundsatzprogrammes der CDU steht: „Wir fördern den Tierschutz. Schweine, Rinder und Geflügel sollen artgerecht gehalten werden – das gilt für die ökologische wie für die konventionelle Landwirtschaft.“ Und an anderer Stelle: „Unser Leitbild ist die bäuerliche Landwirtschaft, die hochwertige Lebensmittel erzeugt, umweltfreundlich wirtschaftet und gut mit den Tieren umgeht.“
Packen wir es an! Fordern wir es ein!
Annette Eichendorf,
Stellv. Vorsitzende der Kreis Seniorenunion,
Diplom-Biologin